Gehalte von Vitalstoffen in NEMs, Deklarationen, Vorgaben – viel hilft viel? Beispiel Silizium und Magnesium

Wie ist das eigentlich mit den Gehalten an wirksamen Inhaltsstoffen, Zutaten, Aussagen über Anwendungsgebiete und so weiter…?

Häufigst gestellte Fragen wie
1. Ist da wirklich 95% OPC enthalten?
2. In dem Produkt ist 60% Magnesium enthalten. Ist das nicht das beste?
3. Im Produkt ist 70% Silizium enthalten. Das ist doch sicher das, was am besten wirkt?
4. Warum nennt der Hersteller keine Indikationen, für was das Produkt überhaupt eingesetzt werden kann?
5. Wegen 4. bin ich unzufrieden und wähle einen anderen Hersteller. Welcher ist empfehlenswert?

verlangen nach Antworten.
Da wir in der fb-Gruppe ‚Magnesium transdermal oral Öl Wickel‘ auch immer wieder Nachfragen haben wie ‚Mein Produkt hat 300 mg Magnesium – dann bin ich doch mit 2 Kapseln pro Tag gut substituiert…‘ (damit ist die Menge, genauer, Masse des Salzes gemeint, das nur einen geringen Anteil an elementarem Magnesium hat…)?

Aber der Reihe nach.
Zur Frage 1 (heißes Thema, der Dauerbrenner…) haben sich schon viele Hersteller ungenau ausgedrückt (aus Marketinggründen?) mit der Begründung, das könnte man eh nicht so genau analysieren.
OPC ist die Sammelbezeichnung für oligomere Proanthocyanidine. Damit sind meist Dimere und Trimere von Catechinen gemeint, die als Tetramere und Pentamere natürlich auch enthalten sind, aber mit zunehmender Molekülgröße weniger wirksam sind. Das hat mehrere Gründe: zum einen die schiere Molekülgröße, zum anderen eine ausschließliche Funktion als Bindemittel (es gibt auch die polymere Form: Tannine, die als Gerbstoffe dem Rotwein ihren ‚pelzigen‘ Geschmack verleihen), aber nicht zuletzt weniger antioxidative Kraft (ORP) oder pH-Eigenschafen mehr haben.
Die Analysen sind je nach Methode auch unterschiedlich im OPC-Gehalt (das liegt mehr an der Analysemethode und WENIGER an der naturgegebenen Gehaltsschwankung im Naturstoff!).
Die 95% OPC-Gehaltsangabe ist also etwas irreführend, weil es zwar den Gehalt an Gesamtpolyphenolen beschreibt, aber eben NICHT den Gehalt an OPC-Oligomeren (Dimeren, Trimeren, meinetwegen Monomeren).
Um noch gleich ein weiteres Missverständnis auszuräumen: auch monomere Proynthocyanidine sind nicht automatisch zigfach wirksamer als Oligomere.
Hier muss ganz genau hingeschaut werden.

Viel hilft viel?
Diese Pauschalfrage muss mit einem eindeutigen NEIN! beantwortet werden.
Ein weiteres häufiges Problem: der Gehalt vor allem an Mineralien und Spurenelementen.
Ein Beispiel ist hier Magnesiumoxid MgO. Der Gehalt an elementarem Magnesium ist zweifelsfrei wirklich traumhaft hoch.
ABER:
Magnesiumoxid ist ein feines unlösliches Pulver, das auch in Nanoform vorliegen kann.
Auch löst es sich nicht wirklich im Magen oder Darm. Jedenfalls nicht nennenswert.
Wenn es sich löst, dann unter Hydroxidbildung (lokaler pH-Wert ca. 10. Das ist eigentlich unphysiologisch).
Daran kann man schon erahnen, dass die 60% Magnesium niemals aufgenommen und verstoffwechselt werden können – wie soll ein unlösliches Pulver im Gehirn wirken und das Denken verbessern?
Beim Magnesium sind tatsächlich lösliche Verbindungen zu bevorzugen: Chlorid, Citrat (idealerweise Trimagnesiumdicitrat) oder Malat bzw. auch noch weitere Formen.
Diese haben wegen des hohen organischen Anteils meist einstellige bis niedrig zweistellige Anteile an elementarem Magnesium. Dennoch werden sie besser verstoffwechselt, da löslich. Und: die organischen Bestandteile unterstützen den Stoffwechsel zusätzlich (zum Beispiel Citrat und Malat im Zitronensäurezyklus – einer zentralen Stoffwechseldrehscheibe unseres Organismus). Diese Synergie fehlt im Oxid und eine Löslichkeit muss erstmal gewährleistet sein.

Fazit: genauer hinschauen, wenn irgendwo 300 mg Magnesium auf der Packung steht.
Der Hersteller kann Auskunft darüber geben, ob damit die Menge der Verbindung ODER die Menge an elementarem Magnesium gemeint ist.

Ein weiteres Beispiel, mit dem gerade einiges an Verwirrung gestiftet wird:
Siliziumprodukte.
Wer mich schon länger liest, weiß genau, dass Details hier höchst wichtig sind.
Siliziumdioxid SiO2 ist ein Feststoff, der kristallin und amorph (in nicht-kristalliner Pulverform) vorliegen kann, aber auch als gelartige dispers-kolloidale Kieselsäure oder auch weiter funktionalisiert in wasser- oder fettlöslicher Gelform. Auch kolloidale Lösungen wie in siliziumreichen Gesteinswässern/Mineralwässern sind möglich.
Hier gilt ebenso wie bei Magnesium: nicht viel hilft viel, sondern das richtige in der richtigen Menge (und Kombination).
Denn: auch unser Körper funktioniert ‚kolloidal‘. Und nur kolloidale Kieselsäure kann aufgenommen und verstoffwechselt werden.
Aber ich schweife ab.
Ein Bambuspulver mit einem Siliziumgehalt an 70% macht vor dem bisher Gesagten stutzig.
Einmal sind zwar die Gehalte sehr hoch, aber eben nicht oder nur sehr schlecht verfügbar.
Der Begriff ‚organisch‘ meint hier ‚organisch gebunden‘ (zB. an Cellulose).
Deshalb macht ein Aufschluss dieser Pulver in Tee- oder Extraktionsform (Auszugsmittel?) sehr viel Sinn bzw. ist dringend anzuraten. Der kolloidale Zustand im Extrakt ist nicht lange haltbar, weswegen ein zeitnaher Konsum angeraten ist.
Beim Silizium außerdem zu beachten: die Referenzierung ist immer SiO2 gewesen.
D.h. wenn ich eine 2,8%ige Lösung von dispers-kolloidalem SiO2 habe, ist da Kieselsäure drin, außen steht aber Siliziumdioxid drauf.

Diese Kennzeichnung und teils unübersichtliche, aber dennoch historisch gewachsene Kennzeichnung wird wohl demnächst ‚EU-richtlinien‘-überarbeitet. Ausführende Organe sind u.a. Gesundheitsämter. Hier mitlesende NEM-Produzenten werden das bestätigen.
An der Stelle: wir können uns gerne vernetzen, denn Qualität wird sich letztlich durchsetzen.
Das bedeutet, dass ein Gehalt so angegeben werden muss, dass der Gehalt des Elements angegeben wird.
Das wird mehrere Auswirkungen haben:
A. man kann nicht mehr unterscheiden, ob ein Element als Element oder Verbindung zugesetzt ist
B. Man kann nicht mehr beurteilen, welche Verbindungen in einer Formulierung genau enthalten sind und zu wie viel % – oder anders gesagt, es ist nicht mehr eindeutig kennzeichnungspflichtig. So habe ich das jedenfalls bisher verstanden.
C. Aus A. Und B. folgernd kann also keine deutliche Aussage mehr über eine Wirkung oder auch Wirksamkeit (Achtung, sind zwei verschiedene Dinge!) getroffen werden.
Wundert euch also nicht, wenn demnächst die Gehalte insbesondere von Mineralien und Spurenelementen scheinbar (dramatisch) sinken: das ist dank der Kennzeichnungsumänderungsverordnungsregulierungswut der EU so.
Alles klar?

Nein.
Genauer gesagt: noch weniger als ‚nein‘.
Zukünftig werden NEM-Hersteller vermutlich etwas engmaschiger überwacht, überprüft und auf sog. ‚Health Claims‘ (Aussagen über gesundheitliche Wirkungen einzelner Wirkstoffe) ihrer Produkte reguliert. Diese ‚Health Claims‘ sind recht dürftig formuliert und sehr allgemein und kurz gehalten. Sofern keine Studien nach schulmedizinischen Kriterien (RCT=doppelblinde placebokontrollierte Studien) vorhanden sind, finden sie möglicherweise auch keine diesbezügliche Erwähnung.
Das bedeutet, dass es EU-weit – und vermutlich auch darüber hinaus – Hersteller nicht mehr ihre Produkte adäquat von der Wirkung her beschreiben dürfen, selbst oder gerade wenn es vielfache Erfahrungsberichte dazu gibt.
Aber wer kann – und darf – entsprechend wirksame Mittel noch beschreiben?

Und: einer Manipulation der Wirkung einzelner Zusatzstoffe bzw. Inhaltsstoffe (wobei das rechtlich gesehen auch nicht dasselbe ist) ist hier Tür und Tor geöffnet. Stichwort Nanotechnologie: ein zweischneidiges Schwert.

Auf die letzte der 5 Fragen eingangs möchte ich auch noch etwas antworten.
Auch wenn der Hersteller sich ‚zugeknöpft‘ äußern muss, bedeutet das nicht gleich, dass er abgetan wird mit ‚hat keine Ahnung‘. Von daher ist der Unmut auf so manchen NEM-Produzenten nicht gerechtfertigt. Auch kann es sein, dass ein Produkt wesentlich ‚besser‘ ist als eigentlich vom Hersteller angegeben (werden darf).
Ein Wechsel des Herstellers und/oder Wahl eines alternativen Produktes löst das Problem nicht, sondern verschiebt es im Gegenteil nur.
Denn: auch der ‚neue‘ Hersteller oder der ‚neue‘ Produktkatalog hat immer weniger ‚Health Claims‘ und Produktbeschreibungen in der Hinterhand, die er auch nach außen kommunizieren kann bzw. darf. Weil es so von gesetzlicher Seite gewünscht ist.
Was hinter den Kulissen passiert, wissen wir nicht. Weder was Hersteller angeben, noch was sog. Influencer vollmundig präsentieren.
Wenn ich mir einen Satz erlauben darf: ich bin für eine realistische Einschätzung der Wirkung von Produkten und stehe überzogenen vollmundigen Werbeversprechen sehr skeptisch gegenüber. Denn diese haben möglicherweise auch mit zu der Situation geführt, die wir gerade haben.
Gleichwohl: Kundenmeinungen und Kundenstimmen sollten mehr Gewicht bekommen. Wenn sie denn ernsthaft, ehrlich und ‚echt‘ sind. Das ist aber meist nicht nachzuverfolgen.

Fazit

Eine Uniformierung der Gehaltsangaben sowie gesundheitlicher Aussagen zu den Wirkungen von Naturstoffen ist sehr kritisch zu sehen und zu hinterfragen; oftmals trägt es der Natur einzelner Stoffe, aber auch und insbesondere von Kombinationen keine Rechnung mehr.
Die Zeit wird zeigen, ob dieser momentane Schritt nicht ein falscher war.
Das ganze hat nicht immer nur negative Seiten; es zeigt aber, dass eine uniformierte Betrachtung vielfältigster Orthomolekularia und Phytowirkstoffe wenig sinnvoll ist.

Literatur und Näheres liefere ich noch nach, sofern überhaupt verfügbar.
Das ist eher ein Blogeintrag aus persönlicher Sicht.

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Bitte teilen Sie diesen Beitrag. Vielen Dank!

2 Kommentare Kommentar hinzufügen

  1. Avatar
    Günther Schumann

    22. Juli 2021 um 13:44

    Gut, und verständlich geschrieben. Ist eine Bereicherung für mein Verständnis bezüglich dieser Zusammenhänge.

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