Silizium und Lektine

Phytinsäure kennen vermutlich die meisten.
Was ist das eigentlich und wie sind die Zusammenhänge mit Silizium?
Was muss ich tun, um die Phytinsäure besser zu vertragen, damit nicht immer die Mineralien gebunden werden?
Solche Meinungen herrschen vor.

Dazu möchte ich einen kleinen Exkurs geben.

Phytinsäure ist nichts anderes als die phosphorylierte Version von Inositol.

Inositol ist seinerseits ein Cyclohexanhex-ol, also eine Art Zuckeralkohol. Oder wie ein Glycerin gebaut, nur halt aus sechs Kohlenstoffatomen bestehend und ebenfalls sechs OH-Gruppen, die maximale Wechselwirkung mit anderen Stoffen gewährleisten.

DESHALB ist Inositol auch ein second messenger und wurde früher als Vitamin bezeichnet. Heute ordnet man ihm eine Art Vitaminoidfunktion zu; also eine Transport- und Botenfunktion.

Jetzt zu der Phytinsäure.
Phosphat kann mit Inositol reagieren, und zwar bis zu sechs Mal.
Dabei bildet sich ein Phosphatspeicher am Inositol, der abhängig von der Phosphatsättigung unterschiedliche Eigenschaften hat: biochemisch, regulatorisch, bzgl. des Ca-Haushaltes uvm.
Also hat das damit auch Einfluss auf den Mineralienhaushalt, die Muskelfunktion etc.pp.
Deshalb wird Inositol auch als Myo-Inositol bezeichnet. Weil es eben auch auf den Muskelstoffwechsle erheblichen Einfluss hat.
Auch das macht es zu einer beliebten Nahrungsergänzung.
Die funktionalisierte Version definiert es als Transporter nicht nur für Phosphat, sondern auch für alle Stoffe, die Phosphat mögen; Ca wurde schon genannt. Aber auch Eisen hat hier erheblichen Einfluss; schon deswegen, weil Eisenphosphate normalerweise ziemlich unlöslich sind.
Die Möglichkeit der Sättigung von phosphathaltigen Strukturen mit Kieselsäure und deren wechselseitiger Austausch lassen hier viele Möglichkeiten einer interessanten Interaktion offen und damit auch eine möglicherweise entscheidende Auswirkung auf die Bildung und Menge von Phytinsäuren.
So wäre der negative Einfluss einer Überladung mit Phosphat aufgrund von Überdüngung zu minimieren durch einfache Zugabe von Kieselsäure zu einem guten Dünger. Das gilt für Pflanzen, aber auch bei Tieren und Menschen könnten damit Nahrungsmittelunverträglichkeiten minimiert werden. Die Wirkung ist vermutlich jeweils sehr individuell, weil die Stoffwechselpfade jeweils sehr unterschiedlich sein können und außerdem ernährungsabhängig sind.

Ein schönes Beispiel für epigenetische Beeinflussung durch Variation der Umweltbedingungen.

alleine diese wenigen Überlegungen bieten unglaubliches Potenzial.

Das ist im Übrigen nicht nur biochemisch möglich, sondern auch über den Austausch mit weiteren phosphathaltigen Strukturen auf recht unübersichtlich genetischer Ebene; hier spielen alle Strukturen eine Rolle, die phosphathaltig sind.
Angefangen beim ATP, aber auch beim cAMP als second messenger (das eine enge Verbindung zum Silizium aufweist!), aber auch zu phosphathaltigen Nukleobasen(bestandteilen), der RNA-Familie sowie der DNA.
Schon Iler und Voronkov (und in zeitlicher Folge weitere Wissenschaftler) konnten zeigen, dass phosphathaltige Strukturen der DNA mit Kieselsäure gesättigt werden können.
Wobei man in vitro-Versuche von denen in vivo dringend unterscheiden muss!
Die Regulationsprozesse hier sind weitgehend unbekannt; man weiß lediglich, dass die Sättigung bis ca. 5% betragen kann – in bezug auf die DNA.
Bei anderen Vitalstoffen und körpereigenen Strukturen wie Kollagen sind die Mengen nicht bekannt.
Die weitreichenden Auswirkungen dieser Feststellung ist noch gar nicht vollumfänglich erfasst; auch ist das Thema Lektine nur ein Beispiel für die Funktionalisierungsmöglichkeiten.
Ein weiteres ist zB. der Phytylrest im Chlorophyll.

Das lässt ohne weiteres den Schluss zu, dass Pflanzen Kieselsäure als ‚Dünger‘ brauchen, um zu wachsen. Das ist offenbar verlernt oder gewaltsam aus den Köpfen der meisten Menschen verdrängt worden.

Ein weiteres Detail in bezug auf Inositol ist die recht überrschende (?) Erkenntnis, dass es eine wichtige Rolle spielt in der Fruchtbarkeit von Eizellen und Sperma.
Eine vielleicht nicht zu unterschätzende klitzekleine und relativ neue Erkenntnis, die sich auch auf Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane erstreckt, also etwa PCO, Prostataprobleme oder allgemein Keimdrüsen.

Fazit
MIr ist zunehmend unverständlich, warum man die wertvolle Synergie von Vitalstoffen eher verteufelt als einzugestehen, dass wir mit damit oftmals mehr oder überhaupt erst mehr erreichen können als mit der ‚Goldstandardmedizin‘, die bisher allenfals symptomatische Erfolge in der Akutmedizin gebracht hat.

Literatur (Auswahl):
1. Akruti Shah, Shubhra Ganguli, Jayraj Sen and Rashna Bhandari; J. Indian Inst. Sci., VOL 97:1, 23–40 (March 2017).
https://files.core.ac.uk./pdf/4786/191374581.pdf .
2. Regulation of plant biotic interactions and abiotic stress responses by inositol polyphosphates (Review).
Esther Riemer, Naga Jyothi Pullagurla, Ranjana Yadav, Priyanshi Rana, Henning J. Jessen, Marília Kamleitner,
Gabriel Schaaf and Debabrata Laha; Front. Plant Sci., 11 August 2022
Sec. Plant Pathogen Interactions Volume 13 – 2022 | https://doi.org/10.3389/fpls.2022.944515 .
3. Tu-Sekine, B.; Kim, S.F. The Inositol Phosphate System—A Coordinator of Metabolic Adaptability.
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M.G. Voronkov, Silizium und Leben (übersetzt von K. Rühlmann), re-ed. de Gruyter, 2022.
7. B. Alonso; E. Belamie, From nano-to micro-particles of polysaccharide-silica composites through self-assembly and sol-gel processes in:
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https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/B9780128158753000060?via%3Dihub .

8. Scaglione M, Leone MC, Mugavero M. The multiple roles of inositol in fertility and newborn outcomes. Acta Biomed. 2022 Dec 16;93(6):e2022344. doi: 10.23750/abm.v93i6.13788. PMID: 36533741; PMCID: PMC9828912.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36533741/
9. Gambioli R, Forte G, Buzzaccarini G, Unfer V, Laganà AS. Myo-Inositol as a Key Supporter of Fertility and Physiological Gestation. Pharmaceuticals (Basel). 2021 May 25;14(6):504. doi: 10.3390/ph14060504. PMID: 34070701; PMCID: PMC8227031.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34070701/

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